Anpassung an G9 neu für das ASG kein Problem!
Im Schuljahr 2025/2026 ist es so weit: Dann wird auch Baden-Württemberg die Abkehr vom Turbo-Abitur vollziehen, und es sind wieder neun Jahre, die man nach Verlassen der Grundschule für das Abitur benötigt. Vor 20 Jahren hatte man das G 8 im Ländle eingeführt. 2012 verließen dann die ersten Abiturienten die Schule ein Jahr früher.
Am Adolf-Schmitthenner-Gymnasium (ASG) ändert sich mit der Rückkehr zu G 9 nichts, denn das ASG gehörte zu den 44 Modellschulen, die vor zwölf Jahren den Zuschlag für das neunjährige Gymnasium bekamen und seit dem Schuljahr 2013/2014 sowohl G 8 als auch G 9 anbieten konnten. 2020 gingen die letzten Abiturienten der G 8-Variante vom ASG, weil es anschließend nur noch G 9-Interessierte gab. Aktuell besuchen 1040 Schülerinnen und Schüler das ASG. „Die Anzahl ist sicher auch dem G 9 geschuldet“, weiß Schulleiter Harald Frommknecht, der einen kritischen Blick auf die Bildungslandschaft wirft und sich auch über das zukünftige „neue G 9“ eine Meinung gebildet hat.
Hierbei sollen die neun Schuljahre „zeitgemäß ausgestaltet“ werden, so will es die Landesregierung. Das Konzept sieht eine Stärkung der naturwissenschaftlichen Fächer vor. Kompetenzen im Bereich Informatik, Künstliche Intelligenz und Medienbildung sollen die Schülerinnen und Schüler künftig in einem eigenen Schulfach lernen. Zudem soll das neue neunjährige Gymnasium mehr berufliche Orientierung, mehr Demokratiebildung und auch einen stärkeren Fokus auf die Basiskompetenzen bekommen. Konkret sollen in der fünften und sechsten Klasse die Fächer Deutsch, Mathematik und die erste Fremdsprache mit einer zusätzlichen Stunde gestärkt werden. Außerdem findet individuelles Schülermentoring statt.
„Wir haben bereits einiges dieser neuen Schwerpunktsetzungen bei uns am ASG umgesetzt, wie das Mentoring“, berichtet Frommknecht, der genau wie seine Stellvertreterin Randy Eichin und Lehrerin Gabriele de Vincenz die „Stundentafel“ als eigentliche Herausforderung sieht. Dort wird die Anzahl der Unterrichtsstunden für die einzelnen Fächer festgelegt. „Unsere Doppelstunden waren immer sinnvoll. Gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern, wenn man Experimente aufbaut“, weiß Eichin. Und die verfügbaren Stunden waren inzwischen auch auf deutlich mehr Fächer und Aufgaben verteilt worden. Die zweite Fremdsprache soll erst in Klasse 6 dazukommen, sodass alle anderen Fremdsprachen – außer Englisch – sowie die Profilfächer durchgängig nur noch dreistündig unterrichtet werden. Für Französischlehrerin De Vincenz war das zu diesem Zeitpunkt eine „ganz neue Nachricht“.
Insgesamt wird laut den Verantwortlichen am ASG die allgemeine Rückkehr zum G 9 positiv gesehen. „Jugendliche sollten mit dem G 8 früher für den Arbeitsmarkt bereitstehen, damit Deutschland international nicht länger von anderen Ländern abgehängt wird, in denen die Nachwuchsfachkräfte die Schulen eher verlassen“, erinnert sich Frommknecht. Dass viele G 8-Abiturienten nach ihrem Abschluss nicht sofort in das Berufs- oder Studentenleben gestartet sind, sei hinreichend bekannt. Das eigentliche Ziel dieses Turbo-Abiturs sei somit sicher nicht erreicht worden. Frommknecht spricht davon, dass das G 9 „geschlechtergerechter“ sei. „Nicht nur unsere Erfahrung ist es, dass Jungs eher unangepasst sind, sie leiden mehr unter dem Stress eines G 8-Abiturs aufgrund des fehlenden Jahres. Viele Mädchen lernen dagegen eher fleißig und sind angepasst.“
Zustimmung gibt es von De Vincenz, die mit ihrem Mann, Lehrer am Gymnasium in Östringen, diese Erfahrungen geteilt habe. Natürlich habe man durch die damalige Änderung der Grundschulempfehlung, bei dem die Eltern entscheiden durften, viel mehr Schüler bekommen, die sich vielleicht nie auf dem Gymnasium gesehen haben. „Viele Eltern haben damals das G 9 beim Leistungsanspruch zwischen Realschule und G 8 gesehen“, hatte Frommknecht in einem früheren Gespräch mit der RNZ gesagt.
Mit der zukünftig strengeren Grundschulempfehlung, die eine neue Verbindlichkeit sei, werde es wahrscheinlich anders werden, meinen die Pädagogen, die aber auch Verständnis für die Kritiker an diesem Auswahlverfahren haben. Denn es soll die Regel „zwei aus drei“ gelten. Zukünftig zählen die Noten der Klassen 4, die Teilnahme an einer Kompetenzmessung, dem sogenannten „Kompass 4“, sowie die Entscheidung der Eltern für diese Schulart. Wenn sich die Empfehlung der Lehrkräfte und der Elternwunsch unterscheiden, gibt das Ergebnis von „Kompass 4“ den Ausschlag. Sind diese Voraussetzungen für den Zugang zum Gymnasium nicht erfüllt, kann das Kind einen Potenzialtest machen, der am Gymnasium angeboten wird. Ist das Ergebnis gut genug, kann das Kind aufs Gymnasium. Ob dieser „Prüfungsstress“ für Viertklässler notwendig ist, wurde auch in der Gesprächsrunde hinterfragt.
Die Wiedereinführung der strengeren Grundschulempfehlung wurde aufgrund der Rückkehr zum G 9-Abitur eingeführt, damit die Gymnasien nicht überlaufen werden. Für die Zukunft sei das ASG in Bezug auf das Lehrpersonal sehr gut aufgestellt, verrät Frommknecht, der von einem „jungen Kollegium“ spricht. Positiv blicke man auch auf die Gestaltung der Schule für ein „zeitgemäßes Lernen in inspirierenden Räumen“ sowie neue Konzepte wie „Deeper Learning“.
(Autor: Bertold Jürriens, mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Neckar-Zeitung)